2013 Berufe

Die Bilder der dritten Ausgabe zeigen auf eindrucksvolle Weise welche Berufe vor über 100 Jahren im Murgtal und seiner Umgebung ausgeübt wurden. Mit großem Aufwand und körperlicher Anstrengung bewältigten die Menschen damals ihre tägliche Arbeit.  Hilde Kalmbach (93) – Holzrückerin (Kalenderblatt Juni) bringt es auf den Punkt: „Früher sind wir für eine Fuhre einen ganzen Tag zu Fuß unterwegs gewesen – heute fahren sie mit dem Lkw viel größere Mengen und das sieben Mal am Tag!“.

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1930 Mitteltal Wegwart

Die ausführliche Beschreibung zum Titelbild finden Sie auf dem Monatsblatt August.

 

Die Monatsblätter mit vielen interessanten Erläuterungen sind nachfolgend abgebildet:


 

1920 Friedrichstal Sensenschmied

1920 Sensenschmied Friedrichstal

Die Erzverarbeitung begann um 1550 durch Herzog Christoph und der spätere Herzog Friedrich, der Erbauer von Freudenstadt, förderte dieses Gewerbe.
Die Enge des Tales und Wasserkraftfragen zwangen die Betriebe bei späteren Neubauten, immer weiter talabwärts zu gehen. So entstanden 1761 die „Neuen Werke“ auf Baiersbronner Markung, die ab 1808 den Namen „Friedrichstal“ erhielten, zu Ehren des neuen Königs Friedrich von Württemberg.
Bergrat Friedrich August Pulvermüller erfand um 1800 durch Raffiniertechnik einen Stahl besonderer Güte, der für Sensen, Schaufeln, Degen und Flinten bestens geeignet war. 1905 wurden Wasserräder durch Turbinen ersetzt und so konnten jährl. bis zu 320.000 Sensen produziert werden. Durch den Einsatz von Mähmaschinen ging ab 1930 der Bedarf an Sensen deutlich zurück. Das Bild zeigt den Sensenschmied am Schwanzhammer und dahinter den Wärmer mit einem glühenden Eisen beim Abschlagen der Schlacke.

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1930 Baiersbronn Farrenstallhalter

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Das Bild zeigt Gottlob Beilharz sen. (*1877 – …1963) mit einem seiner Farren vor dem Baiersbronner Farrenstall in der Murgtalstraße 7. Die Bezeichnung Farrenstall leitet sich vom schwäbischen Wort Farren ab, womit ein geschlechtsreifes männliches Hausrind bezeichnet wird. Als Farrenstall bezeichnet man im Raum von Baden-Württemberg ein Gebäude, in dem die gemeindeeigene Vatertierhaltung betrieben wurde. In vielen deutschsprachigen Bereichen, so auch im KönigreichWürttemberg, wurde die Pflicht zur Vatertierhaltung den Gemeinden bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auferlegt. Bemerkenswert ist, dass rechtlich diese gemeindliche Pflicht erst zum 1. Januar 2000 weggefallen ist.

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1892 Buhlbach Glasmacher

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Mehr als 20 Glasbläser konnten gleichzeitig am Glasofen arbeiten. Zusammen mit den Helfern waren oft mehr als 50 Personen gleichzeitig beschäftigt. Ein Werkplatz bestand aus Meister, Einbläser, Anfänger und dem Einträger. Gut zu erkennen sind im Vordergrund die Einträger, die das fertig geformte Glas in den Kühlofen brachten. Die Arbeitszeit betrug im Sommer 12, im Winter 10 Stunden pro Tag, ohne die einstündige Mittagspause. Urlaub gab es damals offensichtlich noch nicht. Die Weißglasproduktion war nicht mehr lohnend. Deshalb erstellte man 1825 eine spezielle Grünglashütte und spezialisierte sich ganz auf die Herstellung von Flaschen. Zusammen mit der Firma Kessler aus Esslingen entwickelte man druckfeste Champagner- u. Sekt- flaschen, den bekannten „Buhlbacher Schlegel“, in einer Qualität und Haltbarkeit, wie sie anderwärts nicht erreicht wurde. Kessler, Kupferberg und Henkel bezogen ihre Flaschen aus Buhlbach. 1847 wurden 140.000 Sektflaschen hergestellt. Buhlbach lieferte jetzt Glaswaren nach Frankfurt, Mainz, Wiesbaden, Esslingen und Würzburg und Flaschen bis nach Graz und Ungarn.

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1938 Baiersbronn Hufschmied

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Direkt am Kreisverkehr in der Ruhesteinstr.1 war der Badschmied, dessen Namen von der Parzelle Murgbad abgeleitet wurde. Hier wurden Pferde und Ochsen beschlagen oder auch Reifringe für die Holzräder von Kutschen und Leiterwagen angefertigt. Das Holzrad musste etwas größer sein als der geschmiedete Reif, denn das in der Esse erhitzte Eisen dehnte sich und der Reif wurde um die Felge gepresst und rasch abgekühlt – so saß er richtig drauf. „Gegengeschäfte“ festigten die Freundschaften: Dem Schmied lieferte der Schreiner als Gegenleistung hölzerne Stiele für dessen Hellebarden, Äxte, Beile, Schaufeln und Waldwerkzeuge; die Landwirte erhielten Werkzeuge, Ösen und Haken und bedankten sich nicht selten mit einem leckerem „Vesper“. Noch heute berichten Baiersbronner, dass sie den beissenden Geruch, der beim Beschlagen der Tiere entstand noch ganz genau in Erinnerung haben als ob es heute wäre.

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1925 Heselbach Pflanzerinnen

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Die Frauen und Mädchen – auch als Hackerinnen bekannt – und ein Kulturwart waren immer für bestimmte Parzellen zuständig. Manche hatten das Glück, dass noch ein bis zwei Männer dabei waren, die bei starkem Wurzelwuchs halfen die Pflanzlöcher auszugraben. Auf ihren kilometerweiten Fußmärschen in die Wälder trugen die Frauen nicht nur die Verpflegung für den ganzen Tag, sondern transportierten auch das Werkzeug von einer Einsatzstelle zur nächsten. Eine besonders schweißtreibende Arbeit war das Ausmähen der sonnigen Hänge im Hochsommer mit der Sichel, um das konkurrierende Gestrüpp wie Himbeeren und Brombeeren und die unerwünschten Pionierholzarten niederzuhalten.Nach einem schweren Arbeitstag im Wald wartete auf die meisten Frauen die Hausarbeit, die Kinder oder sogar die Arbeit auf Feld und Hof.

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1937 Baiersbronn Holzrückerin

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Nachdem die Holzhauer die Bäume gefällt hatten war die Arbeit der Holzrücker gefragt. Oft waren sie einen Tagesmarsch von zuhause entfernt im Einsatz. Im teilweise schwer zugänglichen Baiersbronner Forst war viel Erfahrung und Geschicklichkeit gefragt, um das Langholz unbeschadet nach Hause zu bringen. Das Bild zeigt Hilde Kalmbach (90) beim Rücken der mächtigen Stämme vorm Hotel Falken. Mit zwei Ochsen zogen sie und ihr Vater das Langholz den Viehtrieb herunter bis in den Flecken. Anschließend wurden diese mit reiner Muskelkraft unter Mithilfe eines Hakens auf die bereitgestellten Achsen gerollt und auf die Sägemühle abtransportiert. Besonders gefährlich waren steil abfallende Wege oder enge Straßen. Nicht selten wurde dabei ein Hauseck oder ein Gartenzaun in „Mitleidenschaft“ gezogen.

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1890 Tonbach Köhler

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Die Köhler lebten tief im Forst und kehrten nur selten in ihr Dorf zurück. Die kleinste Köhlereinheit bildete ein Meister mit zwei bis drei Gehilfen. An einer passenden Stelle errichteten sie im Wald ihre Köte, eine einfache, tipiähnliche Hütte aus Borke und Holz. Drinnen gab es zusammengezimmerte, einfache Holzpritschen, Essen und Kleider wurden an Stöcken aufgehängt. Seine tägliche Mahlzeit bestand oft nur aus einer dünnen Wassersuppe mit Brot, etwas Hülsenfrüchten und Speck. Natürlich durfte in keiner Hütte eine Flasche Korn oder Wacholder fehlen. Zum Schutz gegen Mäuse wurden die Nahrungsmittel unter die Decke gehängt und die Hosenbeine beim Schlafen zugebunden. Der Förster war ein häufiger Gast beim Köhler. Er kontrollierte die Mahlzeiten, da die Wilderei unter den Köhlern keine Seltenheit war.

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1930 Mitteltal Wegwart

Das Bild zeigt Johannes Fahrner vom Ödenhofweg, der in Mitteltal als Straßen- bzw. Wegwart tätig gewesen ist. Er hatte u.a. dafür zu sorgen, dass die Wege und Straßen in seinem Bezirk in einem ordentlichen Zustand waren. Wenn ein Gewitter feinen Sand in die schiefen Rinnen des Straßenrandes gespült hatte, wurde dieser sofort wieder weggeschaufelt, Steine oder heruntergefallene Äste wurden ebenfalls beseitigt und so konnte das Regenwasser gut in den Straßengraben ablaufen. Wenn sich ein Schlagloch in der Straße gebildet hatte wurde dieses schnell wieder aufgefüllt und fest darauf getrampelt und gestampft. Auf die gefüllten Löcher hatte er mit einem alten, klebrigen Eimer ein bisschen schwarzen Teer geschüttet und noch eine dünne Schicht Kieselsteine obendrauf gestreut. Das konnte er aber nur im Sommer tun, wenn der Teer flüssig geworden war. Zusätzlich unterstützte er auch Förster Klumpp bei Arbeiten an Waldwegen und beim Stellen von Tierfallen.

Foto: Ernst Schiller. Aus dem Buch „Württemberg in den 30er-Jahren“ von Gerhard Stilz, ISBN 978-3-87407-889-4, erhältlich im Buchhandel. © Silberburg-Verlag, Tübingen.
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1952 Baiersbronn Holzsäger

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Wenn der Holzsäger seinen Besuch angesagt hatte, war dies für die ganze Familie der „Höhepunkt“ der Woche. Bereits Tage zuvor wurde das Brennholz herbeigeschafft und alles Brennbare von Haus und Hof, das nicht mehr zu gebrauchen war wurde ebenfalls bereit gelegt. Wenn Richard Rothfuss den Motor seiner mobilen Bandsäge angeworfen hatte, gab es kein zurück mehr. Jung und Alt mussten mithelfen das Holz herzutragen und hinter der Säge wieder entgegen zu nehmen. Bau- oder Kistenholz mochte Richard Rothfuss ganz und gar nicht, da das Sägeband bei der kleinsten Berührung mit Nägeln oder Schrauben sofort stumpf wurde oder drohte einem um die Ohren zu fliegen. Das „Donnerwetter“ fiel entsprechend aus, wenn es dann trotz aller Vorsicht dann doch einmal passierte. Erst wenn das letzte Stückchen Holz – ohne Unterbrechung – gesägt war gab es bei ihm den wohlverdienten Schluck Bier oder ein kleines Vesper und alle waren froh es endlich geschafft zu haben.

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1925 Schönmünzach Holzhauer

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Das Bild zeigt die Holzhauerpartie Tonbach-Schönmünz im Jahr 1925. Jeder wurde entsprechend seiner Tätigkeit einer kleinen Gruppe zugeteilt. Die einen fällten nach Absprache mit dem zuständigen Förster die Bäume, andere mussten Äste und Rinde entfernen damit die Stämme von den Kollegen zu den Waldwegen angerückt werden konnten, weitere waren mit der Pflege des Weges beschäftigt. Im Vordergrund erkennt man zwei Jungen mit kleinen Holzfässern. Sie hatten den Auftrag die Männer bei ihrer schweren Arbeit mit frischem Trinkwasser zu versorgen. Die mächtigen Stämme rasten mit hoher Geschwindigkeit auf den Waldweg hinunter und immer wieder kam es zu schweren Unfällen, wenn diese nicht die gewünschte Richtung einschlugen. Dabei wurden die weiter unten stehenden Wegwarte von den großen Bäumen schwer verletzt oder gar erschlagen.

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1918 Mitteltal Steinmetz

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Das Bild zeigt den Großvater vom Abrahamshof in Baiersbronn zusammen mit den Männern vom Rossweg (Mitteltal). Nach dem das große landwirtschaftliche Anwesen auf dem „Berg“ in Baiersbronn bis auf die Grundmauern abgebrannt war, hatten Mattheis (Matthäus) und Jakob Klumpp vom Rossweg im hinteren Ellbach den Auftrag Steine für den neuen Hof zu hauen. In mühevoller Handarbeit wurden die einzelnen Stücke erstellt und anschließend mit einem Ochsengespann zur Baustelle gefahren. Doch nicht nur Steinblöcke für den Häuserbau sondern auch Mahlsteine für die Mühlen im Tal gehörten zu den wichtigsten Erzeugnissen der Steinmetze. Wo heute computergesteuerte Wasserstrahlanlagen Naturstein zerschneiden war früher viel Erfahrung und Geschick gefragt, wenn Hammer und Meisel am Rohling angesetzt wurden.

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1910 Baiersbronn Skiwerkstatt

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Im Winter 1903 tauchte erstmals in Baiersbronn ein Mann auf, der nicht die ausgetretenen Fußwege benutzte, sondern sich querfeldein fortbewegte und an den Beinen zwei lange, schmale Bretter hatte, die er aus Norwegen mitgebracht hatte. Der Fremde wurde einerseits bewundert, andererseits traute man der Sache nicht so recht. Ja mancher Bauer verbot sogar, dem „Wunderläufer“ mit den Brettern über seine Wiesen zu fahren und versäumte es nicht, frühzeitig die Felder mit Dung zu versehen. Ludwig Morlok sah sich die Bretter genau an, beschaffte sich zwei Eschestämme, ließ diese sägen und bearbeitete sie so lange, bis sie dem norwegischen Muster ähnlich sahen. Dann wurden sie noch in heißem Wasser gekocht und gebogen, vom Maler im Dorf angestrichen und damit waren die ersten Ski in Baiersbronn geboren. Das Bild zeigt eine der ersten Skiwerkstätten in der Forbachstraße. Pioniere der Ski-Produktion waren Ludwig Morlok (Winterseite), Wilhelm Hahn (Forbachstr.) und Karl Günter (Rotmurgstr.).

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